Die letzte Etappe bis Erzurum lasse ich entspannt angehen. Nico ist mittlerweile wieder fit und hat am 14. August einen Flug nach Kutaissi in Georgien genommen. Von dort radelt er zwei Tage später Richtung Erzurum und wird voraussichtlich am 20./21. August dort ankommen.
Ich habe somit viel Zeit und fahre nur noch 70-80 Kilometer pro Tag und nutze die Zeit für spontane Einladungen zum Tee oder Essen. Aber auch zum Lesen meiner Reiselektüre, welche passend zu den Ländern und Regionen abgestimmt ist und mir viel über die politischen und kulturellen Verhältnisse in der Türkei und vorab zum Iran vermitteln.
Auffällig ist, dass selbst im deutlich dünner besiedelten Ostanatolien die Infrastruktur massiv ausgebaut wird. Entlang der Fernstraße D100 kreuze ich immer wieder Baustellen und auch das Schienennetz wurde erst kürzlich erneuert. Der Zugverkehr beschränkt sich aber größtenteils auf Güterwagen und nur einmal fährt ein Personenwagen an mir vorbei.
Vor und hinter der Stadt Erzincan geht es nochmal auf jeweils über 2.000 Höhenmeter und auch das Wetter ist etwas wechselhaft, sodass ich erstmals seit Bulgarien wieder einen Regenschauer abbekomme.
Auf den letzten 50km vor Erzurum verlasse ich endlich die Fernstraße und radel auf einer wunderschönen kurvigen Nebenstraße durch ein Seitental. Die Landschaft ist spektakulär von den umliegenden Felsmassiven eingefasst und das Flussbett sorgt für den passenden grünen Kontrast.
In Erzurum komme ich am Morgen des 19. August an und suche zunächst ein Radfachgeschäft auf um meine Kette zu wechseln. Im ersten Geschäft bekomme ich nur eine Kette minderer Qualität und merke dies aber erst, als die Kette schon verbaut und bezahlt ist. Die Kettenglieder sind so schlecht verarbeitet, dass die Kette rasselnd auf dem Ritzel läuft.
Sofort mache ich mich auf die Suche nach einem besser ausgestatteten Geschäft und werde nach intensiver Suche unweit des Bahnhofes fündig. Die gekaufte Kette von Shimano ist um Welten besser und läuft ruhig und sauber. Bei der Montage habe ich jedoch feststellen müssen, dass das Ritzel meiner Rohloff-Schaltung bald gewechselt bzw. gedreht werden muss, da die Zahnräder schon leicht abgerundet sind und somit nicht mehr optimal in die Kette greifen.
Nur zu dumm, dass man für die Demontage des Ritzels einen speziellen Abzieher der Firma Rohloff benötigt und ich diesen nicht dabei habe. Ich fahre die Rohloff-Nabenschaltung erst seit einem guten halben Jahr und bin offensichtlich noch nicht mit allen Details vertraut...
Da es sich um ein sehr spezielles Werkzeug handelt, bekomme ich es in der Türkei nirgends zu kaufen und eine Zustellung aus Deutschland wäre zeitaufwendig und kostspielig. Ziemlich frustriert wende ich mich daher an das Internet und finde eine Anleitung zum Selbstbau. Nachdem ich ein passendes Rohrstück mit 3/4" Durchmesser auf dem Basar gefunden habe, suche ich eine Werkstatt in einer Nebenstraße auf. Trotz Sprachbarrieren gelingt es mir mit dem ausgebauten Hinterrad samt Schaltung und Bildern aus dem Internet mein Anliegen zu erklären. Innerhalb von weniger als einer halben Stunde wird mir ein passendes Werkzeug mittels Drehbank und Fräse angefertigt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und ist zudem mit 1€ Materialkosten und 27€ Arbeitskosten nicht teurer als das Original.
Um ein riesiger Problem erleichtert kann ich nun die nächsten Tage entspannt zur Besichtigung der Altstadt nutzen, ehe es dann die letzten Kilometer bis zur iranischen Grenze geht.
|
Tee aus dem holzbefeuerten Samowar gibt es an jeder Ecke |
|
Im Hochland wird es zunehmend grüner |
|
Picknick-Plätze wie dieser sind bei den Türken überaus beliebt |
|
Die Infrastruktur wird vielerorts massiv ausgebaut |
|
Durch ein abgelegenes Nebental radel ich die letzten Kilometer bis Erzurum |
|
Die Bienenzucht ist weit verbreitet in Anatolien |
|
Auf der Drehbank lasse ich mir den Abzieher für meine Nabenschaltung anfertigen |
|
Das Resultat: Eine Spezialanfertigung eines Abziehers |
|
Mit dem passenden Schraubenschlüssel und Kettenpeitsche kann ich somit das Ritzel abziehen |
|
Innenstadt von Erzurum |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen